Datum/Zeit:
Datum - 30/03/2023
19:30 - 21:00
Ort:
GZ Loogarten, Badenerstrasse 658, 8048 Zürich
Kategorien:
In der frühen Moderne herrschte ein utopisches Geschichtsbild vor, dass vom Gedanken eines Fortschritts zu einem idealen Gesellschaftszustand geprägt war. Die Ereignisse des 20. Jahrhunderts haben den Glauben an einen solchen zielorientierten Fortschritt zerstört. Seit dem „Ende der Geschichte“ scheint im Westen der implizite Konsens zu bestehen, dass die dominierende Triebkraft historischer Entwicklung in der wisenschaftlich-technologischen Innovation besteht. Man geht davon aus, dass sich die Gesellschaft aufgrund technischer Neuerungen stetig weiter entwickeln wird. Dabei enthält dieses Geschichtsbild jedoch keine Vorstellung eines Endpunktes mehr, noch ist es mit einer eindeutigen ethisch-politischen Bewertung versehen, es lässt sich gesellschaftspolitisch „neutral“ denken. Der technologische Fortschritt scheint sowohl mit dystopischen wie auch mit utopischen Gesellschaftsentwürfen vereinbar zu sein.
Wenn man sich mit diesem Geschichtsbild eingerichtet hat, besteht keine Dringlichkeit, über die Zukunft nachzudenken. Man muss einfach in der Gegenwart auf die aktuellen Neuerungen reagieren und diese mit den bestehenden Werten versuchen in Übereinstimmung zu bringen.
Seit sich abzeichnet, dass der technologische Fortschritt jedoch nicht schlicht linear verläuft, sondern eine exponentielle Beschleunigung darstellt (vgl. die Dynamik bei der Künstlichen Intelligenz in den letzten fünf Jahren, siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Accelerating_change), wird dieses Modell der stetigen gesellschaftlichen Veränderung zunehmend unhaltbar. Sehr deutlich wird das, wenn es darum geht, neue Technologien zu regulieren. Die gesetzgebenden Prozesse scheinen dem Tempo der technologischen Innovationen und ihren weitreichenden Implikationen (Stichwort „Disruption“) nicht mehr angemessen.
Angenommen, wir sind tatsächlich mit einer sich steigernden technologischen Beschleunigung konfrontiert, wie können wir sie radikal auf so etwas wie ihr Ende hin zu denken versuchen? Was für gesellschaftliche Bilder und politische Modelle sind dieser exponentiellen Dynamik angemessen? Sind wir dann nicht geradezu dazu gezwungen, so etwas wie eine Finalität der Menschheitsentwicklung zu postulieren (zunächst einmal unabhängig davon, ob es sich dabei um einen gesellschaftspolitisch guten oder schlechten Zustand handelt)? Können wir uns eine stetige Zunahme der technologischen Beschleunigung denken, die uns nicht überfordert? Falls wir jedoch so etwas wie einen Endzustand annehmen müssen, wo diese Beschleunigung zum Stillstand kommt, wie müssen wir uns diesen denken? Und wäre eine solche gesellschaftliche Stabilisierung schon als solche eher erstrebenswert oder aufgrund ihrer Statik eher abschreckend? Lässt sich technologischer Fortschritt mit gesellschaftlicher Stabilität irgendwie zusammen denken? Und zu guter Letzt: Haben wir noch einen Einfluss darauf, wohin diese Entwicklung führt? Wie sollen und können wir uns angesichts dieser Entwicklung angemessen verhalten?
Moderation: Imre Hofmann
Kosten: 20.-/15.- CHF
Keine Anmeldung nötig.